Diese kleine Herbst- und Winterbilderserie aus dem Hochtaunus sollte eigentlich in zweiwöchigen Abständen fotografiert werden. Das klappte im November auch gut, aber am zweiten Advent, als es hätte weitergehen sollen, fiel der Regen in Strömen, und eine Woche später war ich dann zu erkältet zum Spazierengehen. Also hat es bis zum vierten Advent gedauert, aber die Dinge haben eben ihr eigenes Tempo.

Ich liebe den Advent. Und stelle mir immer vor, wie es dann um mich herum ganz still  und dunkel wird, ich in mich gehe und mein Inneres in Ordnung bringe. Ich liebe auch Weihnachtsmärkte, Plätzchenbacken, Musik machen – aber ich sehne mich am meisten danach, dass Ruhe einkehrt – als würde die Welt enden, als wäre ich angelangt an einem Ziel, das nur als Ahnung in meiner Seele existiert. Es macht mir nichts aus, durch die Nacht zu gehen, wenn ich dabei das Gefühl habe, dass die Arbeit getan und jetzt alles gut ist. So war wohl die Ankunft des himmlischen Kindes einmal als Erfüllung aller Sehnsüchte gedacht, als Erlösung von den vielen Lasten des Daseins.

Aber ich fühle mich natürlich nur selten so erlöst. Die Arbeit hört nicht auf, ebenso wenig der Wunsch, alles Mögliche zu erleben. Beides hat seine Berechtigung, und für den größten Teil des Jahres bin ich mit vollem Herzen bei der Sache. Aber manchmal muss ich mich auf die Suche nach mir selber machen, muss spüren, dass ich ein Stück Natur bin und ohne nachzudenken mit der Welt um mich her in Einklang komme. Deshalb habe ich mich auf den Weg gemacht und in Feld und Wald das Schöne im Stillen auf mich wirken lassen.

Sechs Bilder vom ersten Wochenende im November 2011:

Es war der mildeste November seit Jahren. Selten habe ich im November noch so viele bunte Blätter an den Bäumen gesehen. Sie waren nur so weit gelichtet, dass die Sonne die Kronen mit vielen feinen Strahlen illuminierte. Da konnte man gut beim Schmied am Dorfbrunnen sitzen und allen einen guten Jahresausklang wünschen. Schmitten ist nach den vielen Schmieden benannt, die ihre Hämmer von den Bächen des Weiltals antreiben ließen.

Die Sonne erhellte auch die Tannenstämme am Feldberg, die wie die Säulen einer Kirche zum Himmel ragten. Ich mag Wegweiser und Wanderzeichen, sie sind ein Trost auf der Wanderung und so hübsch mit Füchsen, Hasen und Hirschkäfern bebildert. Alles irgendwie weihnachtlich für eine, die sich wie ich vorstellt, dass auch die Tiere an Weihnachten zu einem großen Schmaus zusammenkommen. Die Kraniche freilich sind nicht dabei. Die sahen wir an diesem Novemberwochenende, spät also, in großen Zügen davonfliegen. Still sind sie auch nicht, sie lärmen im Flug wie eine alte Eisenwarenfabrik. Aber sie sind schön, und es ist großartig zu sehen, wie sie immer mehr werden, immer neue Langbeine erscheinen, bis schließlich auch das letzte große „V“ vom Himmel verschwindet. Mir war also schon, bevor der Advent begann, festlich zumute. Ich fand, dass das Reifenberger Tal in gediegener Ruhe dalag, während oben auf dem Feldberg wegen des schönen Wetters der reinste Rummel im Gange war – aber das war im November eben auch ein Geschenk.

Blick auf Reifenberg
Wegweiser am Feldberg
Kranichflug in Formation
Schlanke Bäume mit gelben Blättern
Beeren an einem Baum
Die Autorin an einem Brunnen vor einer Schmied-Figur

Sechs Bilder vom dritten Wochenende im November 2011:

Inzwischen hatte es ein wenig gefroren, und auf dem Bärenfichtenweiher im Weiltal lag ein Auge aus Eis. Wir waren am späteren Nachmittag unterwegs, die Sonne bereits im Sinken begriffen, und so konnte uns nichts über die zunehmende Kargheit der Landschaft hinwegtäuschen. Ich mag das. Was bleibt übrig, wenn das Decorum schwindet? Eine graue, spiegelglatte Wasserfläche; ein grauer, abweisender Wald; ein grauer Himmel, vor dem sich das kahle Geäst mit unbeweglicher Würde zur Schau stellt. In dieser Jahreszeit sehen wir, was wir sonst nie sehen – die Gräser am Wegesrand, vergessene Baumstämme, den graugeschieferten Erdboden. Still, schwer zu begreifen, von einer Ferne, die auch mich meinen Sorgen entrückt.

Baum ohne Laub
Gehölz
Um Baumstamm gewundener Ast mit dunkelrotem Laub
See im Sonnenuntergang
Bemooste Baumstämme
Rote Blätter

Sechs Bilder vom vierten Advent:

An diesem Wochenende fiel der erste Schnee. Wir gingen zeitig los, als es noch schneite und die Stille nur vom Jüngsten der Familie, der uns jauchzend mit Schneebällen bewarf, gestört wurde. Ich mag das Dämmerige, wenn die Häuser sich unter dem Eishauch des Winters zu ducken zu scheinen und ich behaglich an den Braten denke, den ich nachher ins Rohr schiebe. Wobei ich dann innerlich schon wieder am Werkeln bin. Das ist die andere Seite des Advents. Man ist eifrig bei der Sache und erfreut sich am Licht in der warmen Stube, während der Schnee draußen alles fortpackt, als brauche man es nicht mehr. Nur der Wetterhahn steht über allem.

Auf unserm Gang vergingen mir aber langsam die Gedanken ans Schaffen.  Wir setzten einen Fuß vor den andern und freuten uns über die weihnachtliche Stimmung, das verwandelte Tal und den Sonntag, der uns erlaubte, all dies schon morgens zu sehen.

Wetterhahn vor grauem Himmel
Verschneite, kahle Bäume
Blick ins verschneite Arnoldshain
Gelbe Grashalme schauen aus dem Schnee
Verschneite Wiese
Rote Beeren im verschneiten Busch

Allen Ihnen, die dies lesen, eine frohes Fest und glückliches neues Jahr!