Ein gesundes Selbstvertrauen ist von elementarer Bedeutung für unsere seelische Stabilität. „Gesund“ bedeutet, dass wir uns selbst weder zu hoch noch zu niedrig einschätzen. Viele Menschen sind von der ständigen Sorge geplagt, dass Sie schlechter sein könnten als andere.

Je länger die Liste, umso mehr Anlass zur Selbstzerfleischung, denn natürlich findet sich immer ein Glücklicher, der uns irgendwie gerade voraus ist. Oder zumindest voraus zu sein scheint, denn so genau können wir den andern ja auch nicht in die Karten gucken. Vielleicht verdient der Nachbar in Wahrheit nicht so viel Geld, wie sein großes Auto vermuten lässt? Oder vielleicht findet Ihre schöne Kollegin sich selbst gar nicht berauschend? Womöglich kämpft die Arme jeden Morgen gegen ihre Tränensäcke, von denen sie meint, dass sie runterhängen wie Grützbeutel, während Ihnen die Dinger noch nie aufgefallen sind. Man weiß also nie, wie glücklich die anderen wirklich sind, und darauf kommt es auch gar nicht an. Es kommt darauf an, selbst einigermaßen glücklich zu werden, so gut das in dieser krummen Welt geht. Glücklich wird, wer Freuden genießen und Schwierigkeiten bewältigen kann. Und das gelingt am besten den Menschen, die sich selbst realistisch bewerten. Man kann sich in zwei Richtungen verirren:

Typ 1

Unterschätzt seine Fähigkeiten. Ist von vornherein der Meinung, dass andere bessere Ergebnisse erzielen, und wagt sich deshalb selten in die erste Reihe. Konkurrenzkämpfe sind ihm unangenehm; hat meistens Lust, gleich aufzugeben. Viel Angst, verletzt zu werden, oder gar andere zu verletzen. Glaubt, dass er gute Fähigkeiten hat, andern zu helfen, damit die andern etwas erreichen; traut sich aber nicht zu, selbst etwas zu erreichen. Tendenz, so lange abzuwarten, bis alle guten Chancen verpasst sind.

Überschätzt seine Schwächen. Hält sie für gottgegeben und unveränderlich. Meint, dass jeder diese Schwachstellen sofort bemerkt und lächerlich findet. Ist überzeugt, dass sie für alle Fehlschläge verantwortlich sind, und dass man zukünftigen Reinfällen am besten entgeht, indem man lernt zu verzichten. Insgeheim kann er darüber recht traurig sein.

Typ 2

Überschätzt seine Fähigkeiten. Wenn andere es weiter bringen als er, meint er, die hätten Glück gehabt oder seien korrupt; kommt aber nicht auf die Idee, dass er seine eigenen Fähigkeiten ausbauen müsste. Die Selbstüberschätzung führt dazu, dass er anfangs empfindliche Fehler macht; später wird er anspruchsvollen Aufgaben ausweichen mit der Begründung, dass er für solchen Blödsinn nicht zu haben sei, insgeheim aber Unbehagen verspüren.

Unterschätzt seine Schwächen. Weil er die hehre Vorstellung hat, dass ein ernst zu nehmender Mensch frei von Schwächen sein sollte, kann er sich selbst keine zugestehen oder nachsehen. Wenn etwas schiefgeht, sucht er nicht nach einem eigenen Anteil am Missgeschick, sondern empört sich über die Mitmenschen oder den Staat etc. . Vielleicht tröstet er sich mit dem Gedanken, dass es den andern ja nicht besser geht; vielleicht beginnt er aber auch zu fordern oder gar zu drohen und ist am Ende erbittert über die Ablehnung von allen Seiten.

Können Sie sich etwas vorstellen unter diesen beiden Typen? Wo passen Sie eher hin? Wie schätzt man sich realistisch ein? Wir wollen unsere Stärken würdigen und Schwachstellen entweder ausbessern oder mit Weisheit akzeptieren lernen. Nur so werden wir unser persönliches Potenzial entfalten. Wer um seine Stärken weiß, kann sie nutzen; wer um seine Entwicklungsmöglichkeiten weiß, kann Schwächen überwinden; wer es wagt, mit seinen Fähigkeiten zu experimentieren, wird Erfahrungen machen, aus denen viel lernen kann.

Schreiben Sie sich selber zwei Listen: Eine, um Ihre Stärken anzuerkennen, und eine, um Ihren Umgang mit Schwächen zu verbessern. Schauen Sie genau hin. Wenn Ihnen Ihre Stärken nicht gleich einfallen, fragen Sie sich, was andere an Ihnen loben. Es geht nicht darum, dass Sie prahlen oder auftrumpfen. Es geht nur darum, dass Sie sich angemessen einschätzen, auch in Ihren Vorzügen.

Wenn Ihnen Ihre Schwächen so peinlich sind, dass Sie am liebsten gar nicht darüber nachdenken würden, wagen Sie einfach mal einen Selbstversuch, und überlegen Sie auch hier, wie andere mit einem solchen Problem umgehen würden, damit Sie die Chancen, die das Leben bietet, nicht versäumen.

Die Liste oben war eine, mit der man sich selbst kaputtmacht. Wie könnte ein Mensch mit solchen Problemen hilfreicher über sich denken? Wenn man sich dieselben zehn Punkte noch einmal anschaut, kann man auch ganz anders damit umgehen, zum Beispiel so:

Stärken

Schwächen

Probieren Sie es aus!