Vor Kränkungen sind wir nie sicher. Ein paar Beispiele:
- Ein Bekannter geht grußlos an uns vorüber.
- Wir werden im Gespräch ausgeschlossen.
- Unsere Tischnachbarin lacht nur mit dem Mann gegenüber.
- Der Partner war unfreundlich.
- Wir werden als einzige nicht eingeladen.
- Jemand hat sein Versprechen an uns gebrochen.
- Der Chef erwähnt unsern Beitrag nicht.
- Am Ende will man das ganze Schlamassel uns allein in die Schuhe schieben.
- Wir werden nicht befördert.
- Unser Partner lässt uns sitzen.
So fängt es mit Kleinigkeiten an und reicht bis zu lebensverändernden Ereignissen, die unsern Glauben an das Gute im Menschen erschüttern können. Wenn wir gekränkt werden, fühlen wir einen Stich, ein Unbehagen, werden wütend oder traurig. Vielleicht grübeln wir jetzt stundenlang, was wir falsch gemacht haben, oder machen unserm Ärger lauthals Luft. Manchmal schießen wir einen scharfen Pfeil in Richtung Gegner, aber nicht selten nehmen wir den Frust mit nach Hause, und dann kriegt die unschuldige Familie unsere schlechte Laune ab. Manche Kränkungen führen in einen erbitterten Schlagabtausch, der am Ende vielleicht ernsthaften Schaden anrichtet. Andere wieder stürzen den Betroffenen in tiefgreifende Zweifel, die zum Verlust von Selbstvertrauen führen können. Diese Gefahr besteht übrigens auch, wenn man zu den Leuten gehört, die sich zu viel gefallen lassen.
Wie können wir also mit Kränkungen umgehen, so dass die kleinere oder größere Wunde möglichst bald heilt? Überlegen Sie erst einmal, wie Sie auf Kränkungen im Allgemeinen reagieren, und dann prüfen Sie meine Anregungen.
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Typ „Rakete“ - der besonders aufbrausende Mensch
- Sie können schon wütend werden, wenn Sie jemand auf dem Markt anrempelt.
- Schlechte oder gar dreiste Autofahrer machen Sie rasend (im wahrsten Sinne des Wortes).
- Sie staunen immer wieder über die ungeheure Schlechtigkeit / Dummheit / Frechheit der Welt und regen sich über jeden neuen Streich der Regierung auf, ganz zu schweigen von den Untaten Ihrer Kollegen oder Familienmitglieder.
Wie wäre es, wenn Sie Folgendes versuchen?
- Bedenken Sie, dass auch Sie schon Leute unabsichtlich geschubst oder beim Überholen geschnitten haben – dass wir also alle ein bisschen Nachsicht von unsern Mitmenschen brauchen.
- Machen Sie sich klar, dass viele Kränkungen mehr mit Schusseligkeit als mit bösem Willen oder Geringschätzung zu tun haben. Oft weiß der andere gar nicht, was er in seiner Gedankenlosigkeit angerichtet hat. Nehmen Sie die Dinge nicht zu persönlich.
- Es wäre schön, wenn die Welt perfekt wäre, aber sie ist es nicht. Machen Sie es nicht schlimmer, indem sie zu streng urteilen und abstrafen. Wenn eine Zurechtweisung nötig ist, sprechen Sie mit Ruhe und Bedacht.
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Typ „Brünnlein“ – der besonders empfindsame Mensch
- Ein fauler Witz auf Ihre Kosten treibt Ihnen die Tränen in die Augen.
- Sie beziehen abfällige Bemerkungen gern auf sich.
- Sie stehen lieber abseits, als sich einer Gruppe anzuschließen, die Sie nicht ausdrücklich aufgefordert hat.
Wie wäre es, wenn Sie Folgendes versuchen?
- Bedenken Sie, dass Ihre Empfindlichkeit die Versuchung, Sie zu necken, nur erhöht. Möglicherweise sind die Witze gar nicht so bösartig? Je mehr Sie sich erschrecken, umso mehr reizt es die andern. Sie müssen gar nicht schlagfertig sein. Sie müssen nur wie die Weisheit in Person mit dem Kopf schütteln, so als ob Sie dächten: „Kinder, Kinder, wie benehmt Ihr Euch wieder …“ Das nimmt den andern den Wind aus den Segeln, denn es wollen ja alle erwachsen sein. Wenn es irgendwie geht, lachen Sie mit.
- Gehen Sie davon aus, dass alle Kommentare, in denen Ihr Name nicht ausdrücklich genannt wird, nicht auf Sie gemünzt sind – denn so interessant sind wir ja gar nicht.
- Sondern Sie sich nicht ab. Üben Sie, auf Leute zuzugehen. Wenn man Sie in einer Runde wirklich nicht haben will, suchen Sie sich eine andere. Irgendwo werden Sie willkommen sein. Suchen Sie weiter, und lernen Sie, Ihre besten Seiten zu zeigen, damit man Sie mögen kann.
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Typ „Elch“ – der praxiserprobte Mensch
- Sie wissen, dass die andern auch nicht immer ihren besten Tag haben, und stecken kleinere Zwischenfälle ohne viel inneren oder äußeren Aufruhr weg.
- Sie können Unbedeutendes von Wichtigem unterscheiden und Ihren Einsatz entsprechend dosieren.
- Auch große Kränkungen reißen keine so schweren Wunden, dass Sie handlungsunfähig würden. Sie haben die nötigen Ideen oder holen sich Unterstützung von andern, um sich im Ernstfall angemessen zu vertreten.
Wie wäre es, wenn Sie Folgendes versuchen:
- Pflegen Sie Ihre gute „seelische Haut“, indem Sie sich an stressigen Tagen abends etwas Genussvolles gönnen.
- Nehmen Sie Hilfe freudig an.
- Behalten Sie den Glauben an sich selbst, auch wenn es manchmal wochenlang dauert, bis man die Dinge wieder im Lot hat.
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Typ „Blindekuh“ – der besonders langmütige Mensch
- Sie denken sich nichts Böses, selbst wenn Ihre Frau mit einem andern Mann einen Tanzkurs bucht.
- Es macht Ihnen nichts aus, wenn Sie die Einzige sind, die immer die ganze Sippschaft bewirtet.
- Bei einem Anflug von Gekränktheit versichern Sie sich sofort, dass gar nichts gewesen sei. Allerdings haben Sie häufiger Rückenschmerzen.
Wie wäre es, wenn Sie Folgendes versuchen:
- Befolgen Sie öfter die einfache Regel „immer abwechselnd.“
- Gehen Sie Gefühlen von Kränkung und Empörung nach, und wenn etwas dran sein sollte, dürfen auch Sie einmal finster dreinschauen.
- Überlegen Sie genauer, wie viel Großzügigkeit Sie sich erlauben können, ohne empfindliche Einbußen an Geld oder Würde zu riskieren.
Es gibt Mischtypen. Suchen Sie sich das Passende heraus.