Bitte regen Sie sich im Konflikt nicht zu sehr auf, denn das tut weder Ihnen noch der Situation gut. Wie kann man die Fassung bewahren? In den „Konfliktgedanken“ haben wir bereits vor Denkweisen gewarnt, die unsere Wahrnehmung verzerren und somit unsere Zielsicherheit beeinträchtigen. Halten Sie sich in schwierigen Momenten lieber an diesen vier Überzeugungen fest:

Erwarten Sie weder Wunder noch Katastrophen. Denken Sie daran, dass Sie schon tausende Konflikte hinter sich haben und die Welt noch nie eingestürzt ist. Also muss auch Ihre Stimmung nicht gleich einstürzen. Sie sollen nicht kalt wie ein Eisberg sein oder mild wie ein Engel. Aber machen Sie niemanden fertig, schon gar nicht sich selbst. Beachten Sie immer, mit wem Sie in einem Boot sitzen, und bringen Sie dies Boot nicht wegen Bagatellen in Schieflage. Oft ist es am besten, wenn man einfach weiterrudert und kleine Irritationen an sich abtropfen lässt. Wenn es aber zu ernsten Verstimmungen kommt, streben Sie einen fairen Austausch an und nutzen Sie die folgenden Konfliktstrategien:

  1. Wenn ein Konflikt auftaucht, geht dies mit einem Stimmungswechsel zum Schlechteren einher. Holen Sie tief Luft und überlegen Sie, was Sie stört: Fühlen Sie sich persönlich bedroht, oder geht es um eine Sache, die Ihnen wichtig ist? Schätzen Sie dann auf einer Skala von 0 bis 10 realistisch ein, wie bedeutsam die Angelegenheit ist. 0 ist völlig belanglos, 10 extrem wichtig. Dosieren Sie Ihr Engagement entsprechend.
  2.  Wenn Sie merken, dass Sie sich nicht so leicht beruhigen können, versuchen Sie, Zeit zu gewinnen, indem Sie etwa sagen:
„Wie meinen Sie das?“ (Eine super Frage für zahllose Gelegenheiten, in denen man die Vorgänge erst mal entschleunigen will – Konflikt, Prüfung, Polizeikontrolle...)

„Lassen Sie mich über die Sache nachdenken.“

„Bin ich der richtige Ansprechpartner?“

„Können wir das genauer besprechen?“

Reden Sie sich derweil im Stillen gut zu. Ihre Selbstbeherrschung ist gefragt.
  1. Wenn Sie merken, dass der andere aus der Rolle fällt, versuchen Sie nicht, ihn zu beruhigen – das muss er selbst schaffen. Versuchen Sie nicht zu argumentieren – er kann im Augenblick vor Erregung ohnehin nicht klar denken. Brechen Sie die Begegnung fürs Erste ab, indem Sie nur einen dieser Sätze freundlich sagen:
„Denken Sie mal in Ruhe darüber nach.“

„Wir reden nachher weiter.“

**DANN GEHEN SIE SOFORT AUS DEM ZIMMER.** Diese sehr wichtige Strategie hilft Kraft sparen und Unheil vermeiden. Wer es noch nicht kann, muss  es üben. Sollten Sie einmal nicht rausgehen können, weil Sie zum Beispiel zusammen im Auto sitzen, gehen Sie in Ihr „inneres Zimmer“.

Einzige Ausnahme: Wenn man vor seinem Chef steht, kann man nicht einfach gehen. Sollte der Chef herumbrüllen, sagen Sie:

„Bitte lassen Sie uns in einem andern Ton reden.“

Das und nichts anderes, selbst wenn Sie es mehrmals sagen müssen, bis der Chef sich zügelt oder das Gespräch abbricht.
  1. Eigene Anliegen geschickt verhandeln: Beharrlich, aber charmant sein; frühe Festlegungen vermeiden, damit Spielraum und Verhandlungsmasse bleibt; Kompromisse erwägen, Realität im Blick behalten. Vergessen Sie nicht, was Sie erreichen wollen. (Charme = Lächeln, Höflichkeit, nette Randbemerkungen.)
  2. Wenn die Verhandlungen stocken oder zu belastend werden, vertagen Sie sich auf einen neuen Termin: „Reden wir morgen weiter.“ Vergessen Sie nicht, dass neunzig Prozent aller Probleme am nächsten Morgen schon nicht mehr so tragisch wirken.
  3. Bedenken Sie, dass es auch dem Konfliktgegner mit seiner Meinung ernst ist. Wenn eine Entscheidung getroffen werden muss, soll sie klug sein. Zur Entscheidungshilfe so viele Informationen aufbieten wie möglich (Experten fragen; Betroffene fragen; Internet; Literatur). Auf die Kraft des Faktischen vertrauen. Kompromisse sind am ehesten möglich angesichts der realen Gegebenheiten und Notwendigkeiten.
  4. Wenn der Konflikt von Überlastung herrührt, überlegen, wie man sich das Leben leichter machen kann: Besser organisieren, Geld einsetzen für externe Hilfe, Kinder einspannen, Projekte verkleinern.
  5. Schlichter hinzuziehen (Obmann der Gemeinde, „Respektspersonen“, Freunde, Mediatoren).
  6. Selber fähig sein, unangenehme Wahrheiten zu akzeptieren und sich mit den Realitäten abzufinden. Kompromissfähig sein. Die Freiheit des andern respektieren. Eigener Verantwortung gerecht werden. Wenn man nur die Wahl zwischen zwei Übeln hat, das kleinere wählen und das Beste daraus machen.
  7. Drohungen, Beleidigungen und übertriebene Verallgemeinerungen vermeiden. Sollte Ihnen ein Tadel unerlässlich scheinen, drücken Sie sich dennoch respektvoll aus. Folgende Sätze wirken erpresserisch:
„Du bist Schuld, wenn alles den Bach runter geht.“

„Du willst wohl, dass ich krank werde?“

„Du bist wahnsinnig egoistisch.“

„Bist du völlig verblödet?“

„Dann kriegst du keinen Pfennig mehr!“

„Dann fliegst du raus!“

„Du bist genau wie deine Alten!“

„Das haben wir noch nie so gemacht!“ (Argument der Höhlenmenschen.)

Oder: Dumpfe Wut, anhaltendes Schweigen.

Erpresserisches Verhalten untergräbt Vertrauen und damit die Beziehung. Verzichten Sie darauf. Wenn Sie selbst so etwas zu hören bekommen, sagen Sie sich: „Ich stehe zu meinen Bedürfnissen.“ Versuchen Sie nicht, mit langwierigen Erklärungen Brücken zu bauen, die der andere in seinem Zorn krachend einreißt. **GEHEN SIE AUS DEM ZIMMER** mit den Worten: „Es tut mir Leid, dass Du dich so aufregst. Wenn du dich beruhigt hast, kannst du gern auf mich zukommen.“ Warten Sie dann einfach ab, bis der andere Vernunft annimmt. ****Erpresser sind erpresserisch, weil sie Verlustängste haben. Es bestehen gute Chancen, dass der andere sich besinnt, wenn Sie auf sein Getöse ausweichend reagieren.
  1. Lassen Sie sich nicht leicht provozieren, schon gar nicht von Floskeln wie:
„Wann wirst du endlich abnehmen?“

„Wir sind die einzigen, die kein Haus haben!“

„Warum sind nur unsere Kinder so schlecht erzogen?“Hierauf gibt es keine vernünftigen Antworten, deshalb erwidern Sie nur:

„Ach, das bringt jetzt nichts“, und wenn dann keine Ruhe einkehrt, **GEHEN SIE AUS DEM ZIMMER.** (Gelegentlich können Sie überlegen, ob es hier wirklich einem Missstand abzuhelfen gilt. Aber zerfleischen Sie sich nicht.)
  1. Nicht gegen die eigene Einsicht handeln. Wohlüberlegte und gut begründete Entschlüsse so gut wie möglich umsetzen, selbst wenn die erhoffte Zustimmung fehlt. Schließlich müssen wir alle mit den Folgen unseres Handelns leben, da sollten es die Folgen unserer eigenen Entscheidungen sein. Aber Achtung: Verletzen Sie nicht die Rechte des andern (zum Beispiel bei Verwendung gemeinsamen Geldes).
  2. Haben Sie nicht so viel Angst. Die meisten Konfliktgegner sind gar nicht so starr, wenn man gelernt hat, den ersten Attacken standzuhalten. Falls es sich aber wirklich um jemanden handelt, der stets brutal seine Wünsche durchzusetzen pflegt, dann stellen Sie bitte nicht immer Ihre eigenen Ziele, sondern eher die Beziehung in Frage.
  3. Wenn der Konfliktgegner gegen Gesetze verstößt, Anwalt oder Polizei hinzuziehen. Falls nötig, sich selbst in Sicherheit bringen.
  4. Die unvermeidlichen Frustrationen des Lebens nicht zu schwer nehmen. Manche Konflikte enden mit einer Niederlage, da kann man nichts machen. Lesen Sie das Kapitel „Ruhe und Trost“. Und danach schmieden Sie neue Pläne.