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Ein alter Medizinerspruch lautet: Vor die Therapie haben die Götter die Diagnose gesetzt. Der dissoziative Formenkreis stellt hier besondere Herausforderungen. Manche Symptome sind rasch diagnostiziert: Wenn jemand unter Wahrnehmungsveränderungen, zum Beispiel unter Derealisation leidet, wird er das selbst als Störung benennen.
Bei manchen dissoziativen Störungen kommt es nicht nur zum „Flackern“ des Gesamtbewusstseins in Form von Gedächtnis- und Aufmerksamkeitsstörungen oder Wahrnehmungsveränderungen. Es kann sein, dass mehrere Bewusstseinszonen mit unterschiedlichen Inhalten nebeneinander entstehen, das Bewusstsein also in mehrere, nur bedingt miteinander kommunizierende Bereiche zerfällt.
Ein gesundes Bewusstsein nimmt sich selbst und die Umwelt in einer genügend gleichmäßigen und realitätsadäquaten Weise wahr und sorgt für situationsadäquate Reaktionen. Dissoziative Veränderungen von Wahrnehmung und Bewusstsein können mit Rauschmitteln künstlich herbeigeführt werden. Uns interessieren hier aber dissoziative Bewusstseinsstörungen, die infolge seelischer Belastungen entstehen, punktuell oder chronisch auftreten und sowohl ein oft schweres Krankheitsgefühl bewirken als auch die Realitätsbewältigung beeinträchtigen.
Ich beschäftige mich nun in einer Folge von mehreren Artikeln mit dem vielgestaltigen Störungsbild der „Dissoziation“. Auf Deutsch bedeutet das Wort „Trennung“. Es wird immer dann verwendet, wenn eine solche Menge psychischer Inhalte und Zusammenhänge dem Unbewussten anheimfallen (also vom Bewusstsein „abgetrennt“ werden), dass sich Informationslücken einstellen, die schlüssiges Denken, Fühlen und Handeln und damit Selbstverständnis und Realitätsbewältigung entscheidend behindern.